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              Das Antibiotikum Linezolid (gelb) blockiert die Eiweißproduktion im Ribosom (lila) unerwünschter, krankmachender Bakterien, so dass diese absterben. Bildquelle: Jörg Harms
               
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           Der Angriffspunkt vieler Antibiotika ist die Protein-Fabrik des Bakteriums, das Ribosom. Dort wird die genetische Information in lebenswichtige Proteine übersetzt. Gerät diese Maschinerie ins Stocken, stirbt das Bakterium ab. Das Antibiotikum Linzezolid greift dabei im "Herz" des Ribosoms, dem Peptidyl-Transferase-Zentrum (PTC), an. Wie die jetzt publizierten dreidimensionalen Röntgenbilder zeigen, bindet das Linezolid dort so an, dass es eine der essentiellen Nukleinsäuren in einer bestimmten Orientierung festhält. Da diese Nukleinsäure eine Schlüsselrolle bei der Knüpfung der Peptidbindung hat, wird damit die Arbeit des PTC im "Herzen" des Ribosoms unterbrochen, wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences berichten. Zusätzlich blockiert das Antibiotikum die korrekte Bindung der Aminosäure-Lieferanten, der transfer-RNAs (t-RNAs) und damit auch die Verkettung der Aminosäuren. Die bislang widersprüchlichen erscheinenden biochemischen Ergebnisse zu der Frage, wann Oxazolidinon-Antibiotika in den Prozess der Proteinbiosynthese eingreifen, werden damit ebenfalls erklärt. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Bindungsstelle des Antibiotikums sowohl in der Initiationsphase als auch kurzzeitig während des Translationszyklus frei ist und somit den Prozess zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterbrechen kann. Die Wirkung des Linzezolids besteht also letztlich darin, dass es die Maschine des Lebens in krankmachenden Bakterien lahm legt, indem es verhindert, dass die zum Weiterleben und zur Vervielfältigung wichtigen Proteine produziert werden. 
          
 Die 
          Ludwig-Maximilians-Universität München gibt hierzu bekannt: 
          Im Kampf gegen multiresistente 
          Keime 
          Wie ein Antibiotikum gegen Krankenhauskeime 
          wirkt. 
          Als der Wirkstoff Linezolid 2002 für den deutschen 
          Markt zugelassen wurde, waren die Hoffnungen groß: Zum ersten Mal seit 
          über 20 Jahren gab es mit dem Vertreter der Oxazolidinone eine 
          wirklich neue Klasse von Antibiotika. Und erstmals gab es eine Chance, 
          sogenannten "Superkeimen" in Krankenhäusern und Altenheimen den Garaus 
          zu machen, die bereits gegen herkömmliche Antibiotika Resistenzen 
          entwickelt hatten. Sechs Jahre später ist der Wirkstoff noch immer die 
          letzte Rettung, wenn andere Antibiotika nicht mehr gegen Infektionen 
          mit Gram-positiven Erregern helfen - etwa bei Lungenentzündungen, aber 
          auch Infektionen der Haut und weicher Gewebe sowie bei Ansammlungen 
          von Bakterien im Blut (Bakteriämien), die tödlich enden können. Doch 
          die Bakterien haben sich als erfinderisch erwiesen: Die ersten 
          Resistenzen traten bereits auf. "Umso wichtiger ist das Wissen darum, 
          wie Linezolid genau wirkt, nur so kann das Antibiotikum weiter 
          verbessert werden", sagt Dr. Daniel Wilson vom Genzentrum der 
          Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und dem "Center for 
          Integrated Protein Science Munich" (CIPSM). Mit Hilfe der 
          Röntgen-Kristallographie konnte sein Team zusammen mit einer Gruppe um 
          Professor Paola Fucini von der Universität Frankfurt zeigen, wo 
          Linezolid im aktiven Zentrum des Ribosoms - die Proteinfabrik der 
          Zelle - andockt und so die Proteinsynthese der Keime unterbricht. Die 
          Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift 
          Proceedings of the National Academy of Science USA (siehe unten). 
          Um zu überleben und sich zu vermehren besitzt jede 
          Bakterienzelle Zehntausende von kleinen Proteinfabriken: die Ribosomen. 
          Ständig lagern sich dort Tausende von Bauteilen zu großen Komplexen, 
          den Proteinen, zusammen; jede Sekunde verlässt ein neues Protein diese 
          Produktionsstätte. Das Herzstück der Proteinfabrik ist das 
          katalytische Zentrum (Peptidyl-Transferase-Centre, PTC). Wie am 
          Fließband wird hier die Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) hindurch 
          geschleust. Das fadenförmige Molekül hat die in der Erbsubstanz 
          festgeschriebene Bauanleitung der Proteine in einer Basensequenz 
          gespeichert und wird nun an zwei Arbeitsplätzen Stück für Stück von 
          Transfer-Ribonukleinsäuren (tRNA) abgelesen. Dazu dockt eine tRNA 
          zunächst am Arbeitsplatz A an der für sie passenden Stelle der mRNA 
          an. Der Proteinbaustein (Aminosäure), den sie transportiert, verbindet 
          sich daraufhin mit der bereits vorhandenen Kette von Aminosäuren und 
          verlängert diese. Die tRNA wandert anschließend gemeinsam mit der 
          Kette zu Arbeitsplatz P, das Fließband bewegt sich eine Stelle weiter. 
          Dieser Prozess wiederholt sich, bis das Protein fertig gestellt ist. 
          "Wir konnten zeigen, dass das Antibiotikum 
          Linezolid einen Teil der Stelle A im katalytischen Zentrum blockiert, 
          so dass die tRNA dort nicht mehr richtig andocken kann", erklärt 
          Wilson. Die Folge: es kann keine weitere Aminosäure an die bereits 
          bestehende Kette angehängt werden, die Proteinsynthese ist 
          unterbrochen. "Überraschenderweise ist das aber noch nicht alles", 
          ergänzt Wilson. "Linezolid schafft es gleichzeitig, das gesamte 
          Ribosom quasi abzuschalten - es hält also nicht nur das Fließband an, 
          sondern schließt gleich die ganze Fabrik." 
          Möglich wurde diese Beobachtung durch die 
          Röntgenstrukturanalyse. Dafür wurden in Linezolid getränkte 
          bakterielle Ribosomen zunächst kristallisiert und diese 
          Ribosomen-Kristalle dann Röntgenstrahlen ausgesetzt. Aus dem Muster 
          der an den Atomen gebeugten Strahlen konnten die Forscher 
          dreidimensionale Bilder von der Wirkungsweise des Linezolids 
          errechnen. 
          Ähnlich wie Linezolid können auch andere 
          Umwelteinflüsse in einem Ribosom Stress verursachen und das 
          Weiterlaufen des Fließbandes in der Proteinfabrik stören: Entweder 
          wird dann eine falsche Aminosäure eingebaut oder das Ribosom ganz lahm 
          gelegt. Um dies zu verhindern hat das Fließband in den Ribosomen von 
          Bakterien eine Art Rückspulfunktion, die durch den 
          Translokationsfaktor LepA in Gang gesetzt wird. So kann im Ribosom ein 
          weiteres Mal versucht werden, den Prozess der Proteinbildung 
          entsprechend der vorliegenden Bauanleitung abzuschließen. 
          Wie die Gruppen um Wilson und Fucini zusammen mit 
          Forschern um Professor Christian Spahn von der Charité Berlin und 
          Professor Knud Nierhaus vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik 
          in Berlin im Fachblatt Nature Structural & Molecular Biology (NSMB) 
          schreiben, konnten sie in einer zweiten Studie zeigen, wie dieses 
          Zurückspulen vonstatten geht. Dabei entdeckten sie, dass für den durch 
          LepA in Gang gesetzten Prozess noch ein weiterer, bisher unbekannter 
          Platz im Ribosom zur Anlagerung von tRNA verwendet wird. Dieser Platz 
          kommt noch vor der Stelle A. "Er gleicht dem nicht vollständigen 
          Andocken der tRNA, wenn Linezolid einen Teil von A blockiert", sagt 
          Wilson. "Das erklärt auch, warum LepA diejenigen Ribosomen erkennt und 
          an diese bindet, welche zuvor durch Linezolid lahm gelegt wurden." 
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