| 144 | Ce | |
| 58 | 
Cer-144 ist ein Radioisotop des chemischen Elements Cer, das neben den elementspezifischen 58 Protonen 86 Neutronen im Atomkern aufweist; aus der Summe dieser Kernbausteine resultiert die Massenzahl 144.
Die Entdeckung des Isotops Cer-144 erfolgte im Rahmen der Spaltproduktforschung des Manhattan-Projekts am Argonne National Laboratory. In diesen Arbeiten untersuchten W. H. Burgus et al. die Zerfallsprodukte von U-235, das thermischen Neutronen ausgesetzt worden war. Nach der chemischen Trennung der Spaltprodukte wurde eine langlebige Cer-Aktivität mit einer Halbwertszeit von etwa 275 Tagen identifiziert. Diese Messung entsprach bemerkenswert genau dem heute anerkannten Wert von 284,9 Tagen [Originalpublikation: Burgus, Weinberg, Seiler, Rubinson (Argonne/Plutonium Project): Characteristics of the 275d 144Ce, NNES (National Nuclear Energy Series), Div. IV, Vol. 9, Radiochemical Studies: The Fission Products].
Frühere Beobachtungen einer solchen Aktivität gehen auf Hahn und Strassmann zurück, die bereits Ende der 1930er Jahre zwei Cer-Isotope mit etwa 20 und 200 Tagen Halbwertszeit vermuteten, die Massenzuordnung jedoch nicht vornehmen konnten. Den entscheidenden Schritt leisteten Burgus und Mitarbeiter, indem sie die lange Halbwertszeit und die geringe β-Energie als Indikator für eine Massenzahl im Bereich 144 interpretierten. Die Zuordnung wurde anschließend durch Massenspektrometrie von Lewis und Hayden bestätigt [1]. Dieser Nachweis stützte sich auf interne Berichte des Plutonium-Projekts, die nicht vollständig veröffentlicht wurden.
Da die Massenzuordnung in dieser Arbeit erstmals explizit vorgenommen und durch physikalische Messungen gestützt wurde, gilt Burgus et al. als Entdecker von 144Ce. Die Arbeit markiert einen typischen Fall früher Nachkriegsforschung, in der zentrale Ergebnisse zunächst nur in internen Projektberichten vorlagen. Erst später wurden sie systematisch zusammengeführt und publiziert.
144Ce ist eine starke Quelle für Elektron-Antineutrinos. Der Antineutrinofluss entsteht aus dem aufeinanderfolgenden βasup>--Zerfall von Cer-144 und Praseodym-144 und macht das Isotop für experimentelle Teilchenphysik besonders interessant.
Siehe auch: Übersicht über die Cer-Isotope.
Allgemeine Daten
8,31475887 MeV (Bindungsenergie im ∅ pro Nukleon)
SP = 9,549(8) MeV (Trennungsenergie 1. Proton)
3205,1898528751 Ci g-1
Radioaktiver Zerfall
Cer-144 unterliegt - wie das Tochternuklid Praseodym-144 - dem β--Zerfall, bei dem ein Neutron in ein Proton bei gleichzeitiger Freisetzung eines Elektrons und eines Elektron-Antineutrino umgewandelt wird: n → p + e- + ν-e. Der wesentliche Beitrag zur Antineutrinofluss-Intensität stammt dabei vom kurzlebigen Pr-144 (HWZ = 17 Minuten).
Halbwertszeit HWZ = 284,886(25) d bzw. 2,46141504 × 107 Sekunden s.
| Zerfall | Produkt | Anteil | Zerfallsenergie | γ-Energie (Intensität)  | 
|---|---|---|---|---|
| β- | 144Pr | 100 % | 0,3186(8) MeV | 0,133515(2) MeV 11,09(19) %  | 
Ausgangsnuklide
Direktes Mutternuklid ist: 144La.
Entstehung / Erzeugung
Cer-144 wird praktisch ausschließlich aus den Spaltprodukten abgebrannter Brennelemente gewonnen. Es entsteht mit hoher Ausbeute bei der thermischen Spaltung von Uran-235 und Plutonium und liegt nach angemessener Abklingzeit in signifikanter Aktivität und Konzentration vor. Die Gewinnung erfolgt durch radiochemische Aufarbeitung des Brennstoffs, bei der die Seltene-Erden-Fraktion zunächst in Lösung überführt und anschließend mittels Flüssig-Flüssig-Extraktion, Ionenaustausch oder Extraktionschromatographie abgetrennt wird. Diese Schritte sind technisch anspruchsvoll, da Cer chemisch kaum von anderen Lanthanoiden unterscheidbar ist und Begleitisotope ein hohes Maß an radiologischer Abschirmung erfordern.
Alternativ kann Ce-144 auch durch sukzessive Neutroneneinfangreaktionen aus stabilen Cer-Isotopen oder durch Spallation in Beschleunigern erzeugt werden. Solche Verfahren sind jedoch weniger effizient und werden vorwiegend für Spezialanwendungen genutzt. In allen Fällen sind die radiochemischen Trennprozesse komplex, da hohe Reinheiten erforderlich sind und die Handhabung hochaktiver Materialien strengen regulatorischen Vorgaben unterliegt. Dies begrenzt die Herstellung im Wesentlichen auf spezialisierte kerntechnische Anlagen.
Verwendung
Für das radioaktive Cer-144 gibt es einige wenige praktische Einsatzgebiete, vor allem in der experimentellen Neutrino-Physik und in der Strahlungsmetrologie / Kalibrierung; industrielle Anwendungen werden theoretisch und experimentell untersucht, sind aber wegen logistischer, radiologischer und regulatorischer Gründe vergleichsweise selten.
Strahlenschutz
Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) führt für das Isotop Cer-144 folgende Freigrenzen, Freigabewerte sowie andere Werte als radioaktive bzw. hochradioaktive Strahlenquelle auf (Weitere Daten, Erläuterungen: siehe dort):
Uneingeschränkte Freigabe von festen und flüssigen Stoffen.
Isotone und Isobare Kerne
Die folgende Tabelle zeigt zum Nuklid Cer-144 isotone (gleiche Neutronenzahl N = 86) und isobare (gleiche Nukleonenzahl A = 144) Atomkerne. Natürlich auftretende Isotope sind grün markiert; hellgrün = Radionuklide.
| OZ | Isotone N = 86 | Isobare A = 144 | 
|---|---|---|
| 48 | 134Cd | |
| 49 | 135In | |
| 50 | 136Sn | |
| 51 | 137Sb | |
| 52 | 138Te | |
| 53 | 139I | 144I | 
| 54 | 140Xe | 144Xe | 
| 55 | 141Cs | 144Cs | 
| 56 | 142Ba | 144Ba | 
| 57 | 143La | 144La | 
| 58 | 144Ce | 144Ce | 
| 59 | 145Pr | 144Pr | 
| 60 | 146Nd | 144Nd | 
| 61 | 147Pm | 144Pm | 
| 62 | 148Sm | 144Sm | 
| 63 | 149Eu | 144Eu | 
| 64 | 150Gd | 144Gd | 
| 65 | 151Tb | 144Tb | 
| 66 | 152Dy | 144Dy | 
| 67 | 153Ho | 144Ho | 
| 68 | 154Er | 144Er | 
| 69 | 155Tm | 144Tm | 
| 70 | 156Yb | |
| 71 | 157Lu | |
| 72 | 158Hf | |
| 73 | 159Ta | |
| 74 | 160W | |
| 75 | 161Re | |
| 76 | 162Os | 
Externe Daten und Identifikatoren
Literatur und Quellen
[1] - Richard J. Hayden:
Mass Spectrographic Mass Assignment of Radioactive Isotopes.
In: Physical Review, 74, 650, (1948), DOI 10.1103/PhysRev.74.650.
[2] - A. S. Gerasimov et al.:
Production of High Specific Activity 144Ce for Artificial Sources of Antineutrinos.
In: Atomic Energy, 116, 54 - 59, (2014), DOI 10.1007/s10512-014-9816-1.
[3] - Aurélien Beaumais et al.:
Determination of the 144Ce/238U atomic ratio in spent nuclear fuel using double spike isotope dilution mass spectrometry.
In: Journal of Analytical Atomic Spectrometry, 37, 1288 - 1297, (2022), DOI 10.1039/D2JA00052K.
[4] - A.V. Derbin, I.S. Drachnev, D.V. Ivanov et al.:
The precision measurement of the electron anti-neutrino spectrum in beta-decay of 144Ce-144Pr nuclei.
In: arXiv, (2025), DOI 10.48550/arXiv.2506.03716.
Letzte Änderung am 25.10.2025.
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